Warum die mittelalterliche Wehrkirche zu einer Burg ausgebaut wurde.
Ein enormer Aufwand. Hat er sich gelohnt?

Wie heißt es so schön: „Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen“. Und das nicht nur heute.

Wir befinden uns im 15. Jhdt. und der Bau der Oswaldikirche ist voll im Gange. Ja, man sieht die Arbeiter förmlich vor sich, wie sie Steine behauen, Holzzimmerungen schaffen und Material befördern.

In diese rege Bautätigkeit kommt 1482 erstmals ein Erlass des Kaisers: Friedrich III. gibt den Befehl, die beiden Märkte des „Eisenärtzts“, also Innerberg (das heutige Eisenerz) und Vordernberg zu befestigen.

Und was passiert? Man beginnt die einstigen Friedhofsmauern, die um die Kirche bereits bestanden, zu verstärken und zu einer Ringmauer auszubauen.

Doch das war erst der Anfang!

Die einstige Wehrkirchenanlage um 1500 nach einer Skizze von Albrecht Gfall 1968

Hilfe, die Türken kommen

1529 rücken die Türken gegen Wien vor und von nun an wird bis in die Mitte 30er Jahre des 16. Jhdt. die Wehrkirche zu einer mächtigen Fluchtburg ausgebaut. Das Osttor wird mit einem Torhaus mit vorgelagertem Graben versehen, die Mauern werden erhöht, nochmals verstärkt und mit Schießscharten und Pechnasen ausgestattet. Hölzerne Wehrgänge werden gebaut, der ursprüngliche Westeingang vermauert und der Zugang vom Norden her durch ein wuchtiges Vorwerk mit zwei imposanten Halbrundtürmen und einem Zangentor verstärkt.

Doch dem noch nicht genug. Innerhalb der Mauern wird ein Brunnen gegraben um die Bevölkerung im Belagerungsfall mit Wasser versorgen zu können und schlussendlich wird für die „Not des Menschen“ noch ein Aborterker gebaut – mit Schießscharte versteht sich.

Aus der einstigen Wehrkirche wurde eine Fluchtburg, die für den Schutz der Bevölkerung vor Angriffen und Belagerung gerüstet war. Die Türken aber blieben aus.

Eine Fluchtburg gegen den Bischof

Wer jetzt glaubt, unsere Kirchenburg sei nie in „Aktion“ gewesen, der irrt. Schon während der Türkengefahr hat sich österreichweit der Protestantismus immer weiter ausgebreitet und wurde auch von den Innerberger Radmeistern und Knappen rasch aufgenommen – so, dass Mitte des 16. Jhdt Innerberg mehrheitlich protestantisch und die Kirchenburg fest in lutherischer Hand war. Keine 50 Jahre später aber wurde auch in Innerberg die Gegenreformation konsequent betrieben. Doch die protestantischen Bürger von Eisenerz verschanzten sich 1599 vor Martin Brenner, dem damaligen Bischof von Seckau, der sie mit landesfürstlicher Unterstützung Ferdinands II. durch 316 Schützen schließlich zur Aufgabe zwang. In der Folge kehrte die Innerberger Bürgerschaft wieder mehrheitlich zum Katholischen Glauben zurück, während jene, die der lutherischen Lehre nicht abschworen, ausgewiesen wurden.

Südliche Wehrmauer in Schieflage

Über Jahrhunderte hielt die Ringmauer um die Kirchenburg den äußeren Einflüssen stand. Jedoch am Karsamstag des Jahres 1967 stürzte die südliche Wehrmauer auf einer Länge von 35 Metern ein.

Drei Jahre später war der Wiederaufbau fertiggestellt.

Heute ist die Kirchenburg St. Oswald eine der größten erhaltenen Wehrkirchenanlagen Österreichs!

Wie aus dem kleinen Kirchlein ein mächtiger Kirchenbau wurde.
Hat dieser die Jahrhunderte unbeschadet überstanden?

Der Eisenerzer Marktschreiber Leopold Ulrich Schiedlberger nimmt uns in die Zeit des 13. Jhdts mit: Kaiser Rudolf I hat soeben König Ottokar von Böhmen überwunden und durchreist die neuen Erblande Steier, Kärnten und Krain bis an die Venedische Grenze.

Am Festtag des Hl. Oswald erreicht er der Legende nach Innerberg und legt den Grundstein für den Bau einer Kirche zu Ehren dieses Heiligen, der 1279 begonnen wurde. Fast 200 Jahre wird dieses spätromanische Kirchlein am Fuße des Vogelbichl das geistige Zentrum der Innerberger Knappen sein.

Aber bereits 1470 wird unter Kaiser Friedrich III ein weitaus größerer gotischer Neubau beauftragt. Die Arbeiten an der Kirche gehen rasch voran. Nur zwei Jahre später ist der Chorraum mit der alten Sakristei fertiggestellt und wird bereits – bis zur Fertigstellung des Kirchenschiffes – für die Feier der Gottesdienste verwendet.

Innerberg samt Kirche in Flammen

Das Jahr 1492 markiert einen Einschnitt in der Geschichte von Eisenerz. Der Markt mit sämtlichen alten Schriften, Privilegien und Freiheiten fallen den Flammen zum Opfer. Auch vor der sich gerade im Bau befindenden Oswaldikirche macht das Feuer nicht halt.

Doch Kaiser Maximilian lässt den Kirchenbau fortsetzen. Am 1. Juli 1512 werden das Gotteshaus und die Altäre durch Bischof Leonhard von Lavant geweiht.

 

Neuere Zeiten – neueres Aussehen

Im 18. Jhdt nimmt man die markantesten Änderungen an und in unserer Pfarrkirche wahr. 1768 wird dem spätgotischen Kirchturm ein barocker Zwiebelhelm aufgesetzt, der 130 Jahre das äußere Erscheinungsbild des Gotteshauses prägen wird. Der Innenraum der Kirche wird mit barocken Altären ausgestattet, die bis 1910 bestehen bleiben sollten.

 

Das heutige Erscheinungsbild erhält die Oswaldikirche um 1900. Im Zuge einer vollständigen Außen- und Innenrenovierung wird die Kirche mit neugotischen Elementen versehen, mit neuen Altären, Figuren und Glasfenstern sowie mit einer neuen Kanzel ausgestattet. Auch der Kirchturm sowie die neue Sakristei bekommen ihre heutige Gestalt.

Erweitert wird die Innengestaltung des Kirchenraumes Ende des 20. Jhdt. durch den stählernen Zelebrationsaltar des Grazer Künstlers Gustav Troger, der 1993 geweiht wird.

Einen weiteren architektonischen Eingriff gibt es 2005 im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen an den Fassaden. Das einst vor der Türkengefahr vermauerte Westportal wird wieder geöffnet und der Blick auf die Altstadt wieder freigegeben.

 

Ein BERG aus ERZ – ein GELÄUT aus STAHL

 

Den einstigen Bronzeglocken der Oswaldikirche ereilt während des 1. Weltkrieges ein Schicksal wie so vielen anderen Glocken. Sie werden 1916 abgenommen und für Kriegszwecke eingeschmolzen. Die beiden ältesten Glocken aus dem Jahre 1690 dürfen aber bis 1922 bleiben. In diesem Jahr werden 4 neue Stahlglocken angeschafft.

Dieses Geläut aus Stahl ist es, das wohltemperiert und mächtig über unserer Stadt erklingt und dem Mensch und Berg ein Echo zu geben vermag.

Audio: Geläut

Wie verrußte Heilige wieder „lebendig“ werden
und was der Bergmann zu erzählen hat

Mehr als 50 Jahre sind es her, dass die letzte Mesnerfamilie die alten Gemäuer von St. Oswald verlassen hat. Seit 2020 ist der ehemalige Mesnerturm nun das neue Zuhause für die, die vor mehr als 100 Jahren aus der Kirche ausgezogen sind, die „ausrangierten“ Heiligen der barocken Kircheneinrichtung.

Aber noch mehr – der Mesnerturm ist auch zur neuen Heimat für das einstige bergmännische Leben von Eisenerz geworden. Während heute am Erzberg die mächtigen Maschinen des modernsten Tagebaus Mitteleuropas im wahrsten Sinne des Wortes „Berge versetzen“, kommen im Mesnerturm all jene zu Wort und ins Bild, die bis vor noch nicht allzu langer Zeit in den ehemaligen Gruben und Werkstätten „unseres Berges“ ihre tägliche Arbeit verrichtet haben.

Neugierig geworden?

Dann kommen Sie uns besuchen – hören und schauen Sie selbst, was der Bergmann zu erzählen hat, wie in diesem Leben der Glaube seinen Ausdruck findet und die Tradition heute weiterlebt.